Ich sitze gerade vor meinem Zelt auf einem richtigen Zeltplatz in Bologna. Ich bin erst spät angekommen und mein Knie schmerzt. Aber ich bin angekommen und das zählt. Wenn man von Westen nach Bologna rein und auf den Stadtcampingplatz will, muss man 5 km Umweg durch die Stadt fahren, da die einzigen Stege über den Fluss baufällig sind.  Ich bin dann  heute nur durch die Stadt gefahren, ohne gross etwas zu sehen, und wegen des Knies beschliesse ich hier einen Ruhetag einzulegen.

Mein Gaskocher ist leer, darum gibt es heute zu Abend nur Früchte und eine Mandeltarte, die ich mir in Modena gekauft hatte. Ich weiss den Namen der Tarte nicht mehr, aber sie besteht aus Maisgriess, Mandelgriess und ganzen geschälten Mandeln auf einem Mürbeteig. Hammer!  Später wird mir auch klar, warum der Kocher nicht funktioniert. Das Normalbenzin verstopft die Dichtungen und es kann kein Benzin mehr fliessen. Aber das sollte ich erst später bemerken.

 

Bereits vorgestern, gegen Mittag hat das Knie an einer Stelle angefangen zu schmerzen. Der Weg nach Parma führte über viele Landstrassen und war steinig und uneben, kann sein, dass ich dadurch ungleichmässig treten musste, was das ganze erst auslöste. Jedesmal, wenn ich wieder anfahren musste, schmerzte es wie Sau, und erst nach etwa hundert Metern liess der Schmerz dann jeweils wieder nach.

Kurz vor Reggio Emilia hatte ich mangels Alternativen nochmals wilgecampt. Neben einer halbzerfallenen Scheune, und bellende Hunde in der Nachbarschaft haben mich kaum schlafen lassen.

Am nächsten Morgen bin ich dann trotz Schmerzen wieder weitergefahren. Wie schon in Parma, bleibe ich in Reggio Emilia und Modena nicht allzu lange. Die Städte sind zwar sehr schön und besonders Modena mit der Markthalle hat mir besonders gefallen, aber mehr als zwei Stunden brauche ich jeweils nicht um mir alles anzusehen.

Die Strecken in der Lombardei sind flach und normalerweise konzentriere ich mich beim Fahren auf den Verkehr oder die Landschaft. Aber hier gibt es teilweise richtig langgezogene, langweilige Landschaften, so dass ich mir wünschte ein wenig Musik hören zu können. Aber meine Musikbox ist halt zu unterst in meinen Taschen und würde Strom benötigen. Den brauche ich aber fürs Handy. Dann singe ich eben ein wenig.

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Landschaft vor Parma

In Bologna wache ich früh auf und Frühstücke erst mal. Es gibt einen direkten Bus vom Campingplatz in die Innenstadt und während ich auf den Bus warte, kann ich im Restaurant des Platzes meine Nachrichten schreiben. Freies W-lan ist halt schon was feines. Währenddessen spricht mich ein älterer Herr auf meine Tour an. Er und seine Frau sind auch aus der Schweiz und verbringen den Lebensabend damit, mit dem Camper durch Europa zu reisen. Wir sind gleich auf einer Wellenlänge und sind die ganze Busfahrt über am quatschen. In der Stadt trennen sich unsere Wege, aber abends treffen wir uns dann nochmal in Ihrem Wohnwagen, wo ich verschiedene Spezialitäten aus Bologna zum probieren reiche, während sie mir Brot und Bündnerfleisch anbieten. Leider habe ich inzwischen ihre Mailadresse verloren, wo ich doch fest versprochen hatte, Hans und Monika zu schreiben.

Bologna ist eine sehr schöne Stadt. Man läuft grösstenteils unter den Häusern durch Arkaden und die alten Gebäude sind sehr sehenswert. Besonders angetan hat es mir der Markt im Zentrum, wo es alles gibt, was als typisch italienisch gilt. Ich habe meine Kamera immer griffbereit und bin immer am fotografieren.

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Statue

In Bologna

Ich mag es Leute zu fotografieren, wenn sie nicht merken, dass sie fotografiert werden. Oft gucke ich dabei nicht einmal durch den Sucher, lasse die Kamera einfach an den Händen herabhängen und hoffe genau den richtigen Winkel einzufangen.Das hat mir schon einige tolle Fotos eingebracht.

Beim Essen im Markt, mache ich so ein Foto von einem bärtigen Mann, dessen ausdrucksstarkes Gesicht mir gefällt. Er merkt nicht, dass ich ihn fotografiere, obwohl er direkt neben mir sitz und die Kamere auf dem Tisch liegt. Lustigerweise, bin ich zwei Stunden später wieder in der Markthalle und trinke ein Bier, und ebendieser Mann setzt sich neben mich. Ich spreche ihn gleich an. Er heisst Alessandro und ist Zahnarzt aus Bologna. Wir unterhalten uns über das Essen in Italien und er gibt mir den Tipp, in der besten Konditorei Bolognas vorbeizuschauen. Das Foto, das ich ihm dann am Schluss zeige, gefällt ihm leider nicht. Zugegeben, das Bild ist nicht  optimal im Rahmen, aber mir gefällt es irgendwie. Wir verabschieden uns und ich mache mich auf zur Pasticceria Atti.

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Allessandro aus Bologna

Es braucht einen Moment, bis ich der Verkäuferin mit meinem wenigen italienisch klar machen kann, dass ich auch ein Profi bin. Aber dann zeigt sie mir bereitwillig alle möglichen Spezialitäten und die die mir am besten gefallen, kaufe ich auch gleich. Sie erklärt mir auch immer, was es ist und woraus es gemacht wird. Mit einem ganzen Sack voll Spezialitäten mache ich mich dann wieder auf zum Campingplatz.

Abends auf dem Campingplatz, unterhalte ich mich mit meinen Zeltnachbarinnen. Zwei jungen, hübschen Frauen, die mit einem Reisemobil durch Italien reisen. Ich bin überrascht zu hören, dass die Beiden Fluglotsinnen aus Frankfurt sind. Aber wenn ich nachrechne, dann kann man tatsächlich mit 25 schon Fluglotse sein. Sie sind sehr interessiert an meiner Reise, schade nur, dass sie mir bis heute nicht geschrieben haben...

Ich bin überrascht, als ich einen auf dem Platz sehe, der zwar Gepäck, aber keinen Elektromotor am Fahrrad hat, wie es heutzutage üblich ist. Ich spreche ihn gleich mal an. Wolfgang kommt aus Deutschland und hat sich einen Bubentraum erfüllt, indem er jetzt nach der Pension durch Europa radelt. Wir tauschen uns aus, wie das zwischen Radreisenden so üblich ist, und finden uns abends im Restaurant bei einem Bier wieder. Er hat echt tolle Geschichten zu erzählen. Er erzählt mir, wie er in Süditalien während 20 Kilometern nicht pinkeln konnte, weil imer am Strassenrand entweder eine Mauer oder eine Prostituirte war, er fast von einem Laster überrollt wurde oder als er zwei junge Französinnen kennenlernte, die auch mit dem Rad unterwegs waren und sie ihn überredeten auf einem Bauernhof zu übernachten anstatt auf einem Campingplatz. Dumm nur, dass dann seine Frau gerade anrief und er das irgendwie erklären musste.

Wir verstehen uns super und ich bin forh, mal auf einen gleichgesinnten zu treffen. Wir bleiben noch in der Bar, bis man uns rauswirft...