Hundegebell weckt mich. Kerzengerade und unter Hochspannung sitze ich im Zelt.Wo ist das Pfefferspray?, verdammt!

Puh, alles gut. Eine Spaziergängerin pfeift den Hund zurück und sie laufen weiter. Keine schöne Art so geweckt zu werden.

Ich stinke und mein Wasser ist fast alle, eine Dusche wäre jetzt ganz toll. Kurz zusammen packen und weiterfahren. Ich komme an einem Dorflplatz mit einem Spielplatz an, wo es einen Wasserhahn mit Trinkwasser gibt. Ich putze das Rad und die Taschen und während meine Unterwäsche und das Trikot zum Trocknen über dem Kirschbaum hängen wasche ich mich selbst auch noch ein wenig. Ich fühle mich wieder wohl. Nur ein paar Frauen, die mir ein paar überraschte Blicke zuwerfen.

In Bovisio Maggio mache ich eine Mittagspause in einer Rosticceria, einer art Dorfladen, wo man neben frischem Fleisch, Eier und Gemüse auch gebratenes Poulet bekommt. Während ich eine Art Hühnerfrikadelle esse, unterhalte ich mit mit Guiseppe dem Besitzer. Er spricht gutes Englisch und wir unterhalten uns über die geplante Reise und das Motorradfahren. Er war auch schon in der Nähe meines Wohnortes unterwegs und kennt den Gotthard, so dass wir schnell ein Gesprächsthema finden. Zum Abschied mache ich noch ein Foto von ihm und seiner Schwester Manuela. Ich verspreche den Beiden zu schreiben, was ich später auch einlöse, während mir Manuela noch zwei Orangen zusteckt.

mercandalli

Giuseppe und Manuela Mercandalli

Vom Strassenschild "Milano" ins Zentrum braucht man etwa zwei Stunden.

Mailand, die Metropole der Mode. Und ich habe immer noch meine Unterwäsche zum Trocknen hinten auf das Gepäck geklemmt, während ich das Rad durch die Fussgängerzone schiebe.

Ich sehe mir die Innenstadt an, und versuche vor dem Dom ein Foto von mir zu machen, aber es laufen ständig Leute durch das Bild, so dass ich bald aufgebe.

Milano

Vor dem Dom in Mailand

Ich fahre ein wenig raus in der Stadt, denn ich will überprüfen, ob es dort tatsächlich einen Camingplatz gibt. Fehlanzeige, Der "Campo Nomadi ist voll, und offenbar bin ich dort nicht erwünscht. Erst als ich dann vor Bologna nochmal an einem "Campo Nomadi" ankomme und ich wieder fortgeschickt werde, sollte mir aufgehen, dass das Camps für Wanderarbeiter sind. Kein Wunder bin ich dort nicht erwünscht.

Ich fahre nochmal in die Innenstadt und gegen 1800 fahre ich dann weiter auf der Suche nach einem Campinplatz. Doch alles ist voller, Zäune und die meisten Orte, selbst in einer Art Park, sehen alles andere als vertrauenerweckend aus. Mann kann hier irgendwie auch nirgends sein Zelt aufschlagen, ohne auf einem Müllberg zu schlafen. Erst als es beginnt einzudunkeln, finde ich in Mitten von Feldern, einen kleinen Waldstreifen, in dem ich mein Zelt einigermassen geschützt aufstellen kann. Dafür habe ich aber einen wunderschönen Sonnenuntergang, der mir ein paar schöne Fotos liefert.

sonnenuntergang

Früh Morgens geht es wieder weiter. Das Navi führt mich über schlechte Landstrassen. Teilweise bin ich nur noch am Pfützen ausweichen und die tiefste hinterlässt mir nasse Füsse. Ich kann nicht ausweichen, und es kommen noch mehrere solche Pfützen. Iregendwann lande ich dann an einem einsam Bauernhof, bei dem nur Kühe und ein Hund zu sehen sind. Leider hoffe ich vergeblich auf Asphalt. Es kommt nochmals eine solche Pfützenpiste und als ich endlich die richtige Strasse sehe, versperrt mir auch noch eine Barriere den Weg. Links eine Mauer rechts ein Bach. Also nochmals 500 Meter zurück und den anderen Weg nehmen. Die Kette ist voller Dreck und die Satteltaschen auch. In einer Autowaschanlage wasche ich erstmal mein Rad und öle auch gleich die Kette neu.

Von da an geht es wieder über Asphalt. Ein schöner Radweg, der sehr flach ist und neben einem Flüsschen entlang führt. Endlich kann ich mal ein wenig Strecke machen. An einer Abzweigung spricht mich ein alter Mann auf einem Fahrrad mit seinem Hund an. Ich brauche erst einen Moment, um zu realisieren, dass er deutsch spricht. Es entwickelt sich der übliche Dialog, woher ich komme, wohin ich gehe und so. Er muss in die gleiche Richtung wie ich, und so beschliesse ich ein wenig mit ihm mitzufahren.

Pio ist Italiener und hat das Deutsch im Urlaub gelernt. Er redet sehr langsam und mit starkem Akzent, überlegt sich jedes Wort einzeln. Aber verblüffenderweise ist alles was er sagt grammatikalisch korrekt. Als ich ihn darauf anspreche, meint er das das italienisch in seinem Heimatdorf, hier in der Lombardei, dem deutschen sehr ähnlich sei. Ich bereue wieder einmal nicht vorher ein wenig italienisch gelernt zu haben.P4070168

Er erzählt mir Sachen über Land und Leute und sein Hund Siegfried trottet die ganze Zeit neben uns her, bis wir dann in Pizzighettone ankommen. Das Städtchen ist von einer alten Mauer umgeben und Pio will mir gleich noch ein wenig das Städtchen zeigen. Ich willige ein, und er führt mich ein wenig durch die Stadt. er zeigt mir eine wunderschöne, vergoldete Kirche und die riesige Stadtmauer. Am Ende der Tour möchte er mich gerne noch zum Essen beim "Re Uovo"-Fest überreden, eine Art Dorftreffen, bei dem in den Stadtmauern Eiergerichte serviert werden. Er bringt mir sogar die Speisekarte. Doch es ist erst nachmittags um vier und ich will noch bis Cremona weiterfahren. Ich verabschiede mich dann von Pio und irgendwie tut es mir leid, dass ich ihm nicht doch noch länger Gesellschaft leisten konnte.

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Ziemlich bald bin ich dann auch in Cremona. Nachdem ich mir die Stadt angesehn habe, mache ich mich auf einen Campingplatz zu suchen. Aber Oha. der erste Versuch ist ein leeres Feld, wo nur noch ein ausgebrannter Wohnwagen steht, und auch der zweite Versuch nur noch eine Ruine. Doch diesmal habe ich Glück. Ein Passant verrät mir, dass nur 400 Meter weiter ein neuer Campingplatz ist. Und tatsächlich, ein Campingplatz. Mann glaubt es kaum, was für ein Hochgefühl eine Dusche nach 4 Tagen auslösen kann.

Zufrieden wie schon lange nicht mehr sitze ich dann vor meinem Zelt und esse Pasta. Fehlt nur noch eine schöne Frau an meiner Seite und das Glück wäre perfekt...